Andacht zum Sonntag ROGATE (5. Sonntag nach Ostern), 9. Mai 2021

Andacht zum Sonntag ROGATE (5. Sonntag nach Ostern)

Begrüßung

Albrecht Dürer, 1508

Herzlich willkommen zu unserer heutigen Leseandacht! Schön, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben! Ich begrüße Sie mit dem Wochenspruch für die kommende Woche:

„Gelobt sei mein Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet!“ (Psalm 66,20)

„ROGATE“, „Betet“, so heißt der heutige Sonntag. Beten Sie eigentlich noch? Regelmäßig? Oder so ab und zu? Im Gottesdienst oder vor dem Einschlafen? Alleine? Mit der Familie beim Essen oder den Kindern und Enkeln vor dem Einschlafen? Mit eigenen Worten oder kleinen Gebeten, die wir in der Kindheit mal gelernt haben?

Zu wem beten wir eigentlich? Und rechnen wir überhaupt ernsthaft damit, dass unser Gebet gehört und erhört wird?

ROGATE, betet, da stellen sich viele Fragen, wenn wir uns auf das Thema dieses Sonntags ernsthaft mal einlassen.

All unsere Fragen, unser Nachdenken vertrauen wir unserem Gott an. Deshalb feiern wir unsere Andacht

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Psalmgebet

Wir beten mit den Worten des 95. Psalms:

Kommt herzu, lasst uns dem HERRN frohlocken und jauchzen dem Hort unsres Heils! Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen und mit Psalmen ihm jauchzen! Denn der HERR ist ein großer Gott und ein großer König über alle Götter. Denn in seiner Hand sind die Tiefen der Erde, und die Höhen der Berge sind auch sein. Denn sein ist das Meer, und er hat’s gemacht, und seine Hände haben das Trockene bereitet.
Kommt, lasst uns anbeten und knien und niederfallen vor dem HERRN, der uns gemacht hat. Denn er ist unser Gott, und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand. (Psalm 95,1-7b)

Bibellesung: Matthäus 6, 5-15

Jesus lehrte seine Jünger uns sprach:  Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben. Amen

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.

Gedanken zum Beten

Wenn ich mit meinen Konfirmanden über das Thema „Beten“ nachdenke, dann kommen die Konfis nach anfänglichem Zögern doch recht schnell auf eigene Ideen, was damit alles gemeint sein könnte und wie man das mit dem Beten anstellen könnte.

Sehr nachdenklich werden sie in der Regel dann, wenn wir uns folgenden Text gemeinsam anschauen, ihn mit verteilten Rollen lesen und dann darüber sprechen:

Unterbrich mich nicht, Herr, ich bete!

„Vater unser im Himmel.“

„Ja?“

„Unterbrich mich nicht! Ich bete.“

„Aber du hast mich doch angesprochen!“

„Ich dich angesprochen? Äh…nein, eigentlich nicht. Das beten wir eben so: Vater unser im Himmel.“

„Da – schon wieder! Du rufst mich an, um ein Gespräch zu beginnen, oder? Also, worum geht’s?“

»Geheiligt werde dein Name…«

„Meinst du das ernst?“

„Was soll ich ernst meinen?“

„Ob du meinen Namen wirklich heiligen willst. Was bedeutet das denn?“

„Es bedeutet…es bedeutet…meine Güte, ich weiß nicht, was es bedeutet. Woher soll ich das wissen?“

„Es bedeutet, dass du mich ehren willst, dass ich dir einzigartig wichtig bin, dass dir mein Name wertvoll ist.“

„Aha. Hm. Ja, das verstehe ich… Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden…“

„Tust du was dafür?“

„Dass dein Wille geschieht? Natürlich! Ich bete doch! Außerdem gebe ich Geld für die Mission, für die Armen, für Misereor und für Brot für die Welt.“

„Ich will mehr. Dass dein Leben in Ordnung kommt. Dass deine Angewohnheiten, mit denen du anderen auf die Nerven gehst, verschwinden, dass du von anderen her und hin anders denken lernst. Dass allen Menschen geholfen werde und Du von mir erzählst, auch deinen Kolleginnen und Mitarbeiterinnen. Ich will, dass Kranke geheilt, Hungernde gespeist, Trauernde getröstet und Gefangene befreit werden, denn alles, was du diesen Leuten tust, tust du doch für mich!“

„Warum hältst du das ausgerechnet mir vor!? Was meinst du, wie viele steinreiche Heuchler in den Kirchen sitzen. Schau die doch an!“

„Entschuldige. Ich dachte, du betest wirklich darum, dass mein Herrschaftsbereich kommt und mein Wille geschieht. Das fängt nämlich ganz persönlich bei dem an, der darum bittet. Erst wenn du dasselbe willst wie ich, kannst du eine Botschafterin meines Reiches sein.“

„Das leuchtet mir ein. Kann ich jetzt mal weiter beten? Unser tägliches Brot gib uns heute…“

„Du hast Übergewicht, meine Liebe! Deine Bitte schließt die Verpflichtung ein, etwas dafür zu tun, dass die Millionen Hungernden dieser Welt ihr tägliches Brot bekommen. Und außerdem – es gibt auch noch anderes Brot.“

„Du meinst das Brot, das die in der Kirche verteilen?“

„Ja, zum Beispiel. Du bittest darum, aber Du willst es gar nicht; sonst wärst Du letzten Sonntag gekommen. Dieses Brot ist mein Sohn, der dir helfen wird.“

„Helfen? Wobei? Mir geht’s doch ganz gut…“

„Ja? Dann bete doch noch eine Bitte weiter…“

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern…“

„Und Thomas?“

„Thomas? Jetzt fang‘ du auch noch von dem an! Du weißt doch, dass er mich öffentlich blamiert, dass er mir jedes Mal dermaßen überheblich entgegentritt, dass ich schon wütend bin, bevor er seine herablassenden Bemerkungen gemacht hat. Und das weiß er auch! Er lässt meine Meinung nicht gelten – nur das, was er sagt, ist richtig, dieser Typ hat…«

»Ich weiß, ich weiß. Und dein Gebet?“

„Ich meinte es nicht so.“

„Du bist wenigstens ehrlich. Macht dir das eigentlich Spaß, mit so viel Bitterkeit und Abneigung herumzulaufen?“

„Es macht mich krank.“

„Ich will dich heilen. Vergib‘ Thomas, so wie ich Dir vergebe. Dann sind Überheblichkeit und Hass die Sünden von Thomas und nicht deine. Vielleicht verlierst du Geld, ganz sicher verlierst du ein Stück Ansehen, aber es wird dir Frieden ins Herz bringen.“

„Hm. Ich weiß nicht, ob ich mich dazu überwinden kann.“

„Ich helfe dir dabei, ich schenke Dir Kraft und Nahrung. Durch das Brot meines Sohnes.“

„Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen…“

„Nichts lieber als das! Meide bitte Personen oder Situationen, in denen du versucht wirst.“

„Wie meinst du das?“

„Du kennst doch deine schwachen Punkte! Klatsch und Tratsch, mit dem Geld umgehen ist es auch so eine Sache, deine Wutausbrüche, manchmal könnte dein Benehmen anders sein … Gib dem Versucher keine Chance!“

„Ich glaube, das ist das schwierigste Vaterunser, das ich je gebetet habe. Aber es hat zum ersten Mal was mit meinem Leben zu tun.“

„Schön. Wir kommen vorwärts. Bete ruhig zu Ende.“

»Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.«

„Weißt du, was ich herrlich finde? Wenn Menschen wie du anfangen, mich ernst zu nehmen, aufrichtig zu beten, mir nachzufolgen und dann das zu tun, was mein Wille ist. Wenn sie merken, dass ihr Wirken für das Kommen meines Reiches sie letztlich selbst glücklich macht.“

Nach einer Idee von Clyde Lee Herring

Liebe Leser und Leserinnen, ich wünsche uns das allen: beten zu können, mit eigenen Worten oder denen, die Jesus uns beigebracht hat mit dem Vater unser. Innezuhalten, damit ernsthaft zu rechnen, dass Gott unsere Worte hört, dabei ruhig zu werden und uns zu vergewissern, dass Gott uns wie ein Vater liebt und wir diese Liebe an andere Menschen weiter geben dürfen. Amen

Fürbittengebet

Gott, du hörst unser Gebet. Und so danken wir Dir für alles, was Du uns schenkst, für alles Schöne, alles Tolle, für unsere Familien und Freunde, für alle guten Erfahrungen und lieben Begegnungen.

Gott, wir bitten Dich für alle, die wir gerne um uns haben, denen wir vertrauen können und die eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen.

Gott, wir bitten für alle, die wir nicht mögen, dass wir besser miteinander zurechtkommen.

Gott, wir bitten für unsere Konfis, die dieses Wochenende eingesegnet werden: dass sie trotz allem einen tollen Tag haben werden und ihre Konfirmation schön feiern können.

Wir bitten für die Familien der Jugendlichen, die sich das auch ganz anders vorgestellt haben.

Wir bitten Dich für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, dass Du sie im Glauben begleitest, dass sie wissen, dass Du sie hörst und sie auf Dich vertrauen können.

Wir bitten Dich für das Miteinander von Alt und Jung und allen Zwischendrin.

Du, Gott, kennst uns Menschen, siehst Du, was uns bewegt und wer wir sind. AMEN

(Quelle: Ev. Kirchengemeinde Wössingen)

Lied: EG 658

Refrain: Lass uns in deinem Namen, Herr, die nötigen Schritte tun.

1. Gib uns den Mut, voll Glauben, Herr, heute und morgen zu handeln.

2. Gib uns den Mut, voll Liebe, Herr, heute die Wahrheit zu leben.

3. Gib uns den Mut, voll Hoffnung, Herr, heute von vorn zu beginnen.

 Kurt Rommel 1964

Segen

So segne und behüte Euch der allmächtige und der barmherzige Gott,

der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

Amen

Pfarrerin Anja Humbert

Andacht zum Sonntag ROGATE